Warum gerade jetzt den Fünfhunderter verbieten?

Laut Süddeutscher Zeitung und Handelsblatt hat der EZB-Rat bereits mit großer Mehrheit eine Absichtserklärung zur Abschaffung des 500-Euro-Scheins beschlossen. »Das Notenbank-Direktorium erwäge dies schon seit geraumer Zeit«, schreibt die SZ. Die Motivation dieser Maßnahme wird von der Süddeutschen nicht hinterfragt. Die 500€-Scheine dienten Experten zufolge vor allem der Terrorfinanzierung und der Geldwäsche. Diese Geschäfte wolle man mit der Maßnahme nun spürbar erschweren. Doch diese Argumentation ist sehr fraglich.

In Spanien und Griechenland werden seit jeher Immobiliengeschäfte in bar abgewickelt, obwohl es in diesen Ländern, vor der Euro-Einführung, nicht einmal Scheine im Gegenwert von 100 € gab. Auch wird wohl niemand behaupten, dass der internationale Terrorismus auf die Nutzung des US-Dollar verzichtet, weil dessen höchster Wert der 100$-Schein ist. Warum will man gerade jetzt den Fünfhunderter aus dem Verkehr ziehen? Und warum spricht man nicht offen über die geldpolitischen Motive dieser Maßnahme? Der 500€-Schein ist die Verkörperung der Geldhortung. Und die Geldhortung ist das derzeit größte Hindernis einer konstruktiven Geldpolitik.

Mario Draghis Überlegungen zur Abschaffung des 500ers kommentiert die SZ lapidar mit den Worten: »fraglich sei noch, wie man am besten eine Entscheidung umsetze und kommuniziere«. Doch genau hier ist das Know-how einer großen politischen Tageszeitung gefragt.

Stutzig macht, dass die Süddeutsche nicht stutzig wird

Durch die überaus erfreuliche Leitzinsentwicklung hat die Bargeldhortung dramatisch zugenommen. Die Notenbank könnte, historisch einmalig, zum Wohle der gesamten Gesellschaft die Leitzinsen noch weiter senken, wäre da nicht der »Zero Lower Bound«, die durch die Ausweichmöglichkeit in Bargeldhortung verursachte Untergrenze.

Die Abschaffung der 500er wird für die Geldhalter die Hortung zumindest verteuern und so den Notenbankern ein kleines Stück mehr Spielraum nach unten eröffnen. In der Frankfurter Allgemeine hatte der Leiter des Münchner Ifo-Instituts, Professor Sinn, diese Annahme folgendermaßen formuliert: »Gelänge es der EZB, die durchschnittlichen Marktrenditen um weitere 0,45 Prozentpunkte zu senken, wie es wegen der Erhöhung der Tresorkosten zu erwarten ist,…«. In der gesellschaftspolitisch recht kritischen und oft investigativen SZ sucht man einen diesbezüglichen Hinweis vergebens.

Die Süddeutsche hat jahrzehntelang die Konsequenzen der gesamtwirtschaftliche Zinsbelastung negiert. Die Geldhortung als ökonomisches Problem ist in der Wirtschaftsredaktion nicht angekommen. Momentan droht sie sogar die gesellschaftlichen Chancen einer Null-Zins-Politik zu verschlafen.

Liebe SZ-Redakteure, es hat sich herumgesprochen, dass Ihr mittlerweile lausig bezahlt werdet. Das sollte Euch jedoch nicht davon abhalten, die richtigen Fragen zu stellen! Eine Politik der negativen Zinsen, in Verbindung mit einer Geldgebühr, sichert Arbeitsplätze und schafft Spielraum für angemessene Löhne: http://www.geldreform.eu/stabile-waehrung-durch-haltegebuehr-auf-geld/. Steigende Zinsen führen dagegen zu steigenden Kapitalrenditen und zum wirtschaftlichen Kollaps. Dies würde, nicht zuletzt womöglich auch für die Süddeutsche Zeitung, viele ruinöse Konsequenzen haben.

Klaus Willemsen, 16.02.2016

 

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<link http: www.inwo.de medienkommentare das-bargeld-problem-wird-volkswirtschaftlich-noch-nicht-verstanden>www.inwo.de/medienkommentare/das-bargeld-problem-wird-volkswirtschaftlich-noch-nicht-verstanden/

 

Verwendete Quellen:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/terrorfinanzierung-ezb-deutet-abkehr-vom-euro-schein-an-1.2865488

http://www.inwo.de/medienkommentare/ein-schelm-wer-boeses-dabei-denkt/

Bildquelle: Wikipedia