Seit Jahren versuchen wichtige Notenbanken, der stetig abnehmenden Umlaufgeschwindigkeit durch eine permanente Ausweitung der Geldmenge zu begegnen. Leider bleibt die erhoffte Belebung der Wirtschaft weitgehend aus. Die niedrigen Zinsen, gepaart mit einem wachsenden Inflationspotential, machen langfristige Ausleihungen unattraktiv. Immer mehr Anleger bleiben lieber liquide und warten ab. Der aktuelle Wertverlust bleibt überschaubar, der mögliche Verlust einer langfristigen Anlage dagegen kaum. Sie beschreiben dieses Marktverhalten in folgenden Worten: „Diese Hortbarkeit des Geldes aber eröffnet Menschen die Möglichkeit, es dem Geldkreislauf für eine Zeit zu entziehen - und nur herauszurücken, wenn ein Zins gezahlt wird. Das sah Gesell als große Gefahr“.
Trotz ihrer präzisen Beschreibung der Gesell’schen Analyse ziehen Sie dann falsche Schlussfolgerungen. Die Entwertung der Währung und der Ersparnisse durch Inflation machte für Gesell die Gefahr aus. Er hat erlebt, dass "ein bisschen Inflation" nicht geht. Außerdem belastet jedes Prozent Inflation die Wirtschaft über höhere Zinslasten und führt so unausweichlich zur Zunahme der Insolvenzen. Die Folgen weiter steigender Zinslasten für die überschuldeten öffentlichen Haushalte brauchen hier nicht beschrieben zu werden.
Erst eine Gebühr für das Zurückhalten von Geld macht das Horten unattraktiv. Die Enthortung der überschüssigen Liquidität kurbelt die Wirtschaft an und macht die ungezügelte Ausweitung der Geldmenge, und damit die Inflationsgefahr, vermeidbar.
Dennoch schreiben Sie: „Wenn man die Inflation berücksichtigt, verliert Geld auf Sparkonten schon länger an Wert - jetzt hat die Europäische Zentralbank auch noch negative Zinsen für Banken eingeführt. Das alles hat das Ziel, das Horten von Geld zu verleiden - und so die Wirtschaft anzukurbeln“. Die Praxis zeigt, dass die negativen Zinsen für die Banken noch nicht den erhofften Effekt haben. Erst Kosten für das Bargeld und die Giroguthaben können die notwendige Zinsspanne zwischen kurzfristigem und langfristigem Geld erzeugen und die aufgeblähten Bestände enthorten. Völlig unverständlich ist daher Ihr Resümee: „Um die Wirtschaft anzukurbeln, gibt es vermutlich bessere Möglichkeiten als sich von selbst entwertende Geldscheine. Zudem entwertet sich Geld durch die Inflation ohnehin, das muss man nicht künstlich bewirken. Allerdings weiß man nie genau, wie hoch die Inflation ausfällt“.
Gesells Vorschlag verursacht jenen Kosten, die aus spekulativen Gründen ihre Geldvermögen weder ausgeben noch langfristig ausleihen. Die Gebühr auf Liquidität ist das entscheidende Werkzeug für Notenbanken, um Inflation, Deflation und einer hohen Zinsbelastung aller Marktteilnehmer entgegenzuwirken. Eine bessere Möglichkeit hat bisher keine Notenbank der Welt präsentiert. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie als kritischer Journalist diesen Gedanken weiterhin aufgreifen und verfolgen.
Klaus Willemsen, 10.7.2014
Verwendete Quelle:
FAZ vom 29.6.2014 bzw.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/die-weltverbesserer/silvio-gesell-ist-der-erfinder-des-schrumpfgeldes-13016321.html?