Steuereinnahmen steigen, doch die Steuerstruktur bleibt verkehrt!

"Experten prognostizieren weiteren Steuerboom", titelt Die Zeit online. Die Herbstprognose des Arbeitskreises Steuerschätzung verspricht weiterhin steigende Steuereinnahmen. Doch der neue Rekord täuscht über eine völlig falsche Steuerpolitik hinweg.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Länder-Kollegen können in diesem und im nächsten Jahr auf mehr Steuereinnahmen hoffen als erwartet. Die Herbstprognose sagt für 2016 4,3 Mrd. Euro höhere Einnahmen voraus als noch im Frühjahr prognostiziert waren. Auch für 2017 werden nunmehr 700 Mill. Euro mehr erwartet.

Zwar fallen die Schätzungen für die Folgejahre geringer aus als bisher gedacht, aber insgesamt steigen die Steuereinnahmen weiter an – von knapp 700 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf mehr als 800 Milliarden Euro im Jahr 2020.

Fragwürdige Ausgaben der Steuern

Der Bundesfinanzminister ist daher zufrieden. Es sei jedoch wichtig, die vorhandenen Mittel klug einzusetzen, meint er ... und nennt zuallererst die Bereiche innere und äußere Sicherheit. Erst dann folgen Bildung und Investitionen. Eckhardt Rehberg, Haushaltspolitiker der CDU, bekundete dazu laut Handelsblatt: "Die Union tritt dabei vor allem für eine weitere personelle und finanzielle Stärkung der Sicherheitsbehörden ein." So soll die Bundespolizei mehr Geld für den Anti-Terror-Kampf bekommen und die Bundeswehr darf neue Korvetten kaufen. Ob das tatsächlich Ausgaben für "die richtige Zukunftsvorsorge" sind?

Falsche Einnahmequellen für Steuern

Neben fragwürdigen Ausgaben sollten jedoch auch endlich die falschen Einnahmequellen in den Blick genommen werden. Die Bundesrepublik finanziert sich nämlich laut Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS) immer noch zu 63 Prozent durch Steuern und Abgaben auf den Faktor Arbeit. Dagegen tragen Steuern auf Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch nur noch 4,6 Prozent zum Steueraufkommen bei - dieser Anteil sinke seit dreizehn Jahren immer weiter ab und liege damit bereits deutlich unter dem Wert von 5,1 Prozent im Jahr 1998 vor Einführung der Ökologischen Steuerreform.

Dazu lieferte Hans Eichel, von 1999 bis 2005 Vorgänger von Schäuble als Bundesfinanzminister und seit Jahresbeginn Vorsitzender des FÖS-Beirates, einen sehr guten Kommentar:

"Wenn von Jahr zu Jahr Rekordsteuereinnahmen verkündet werden, verstellt dies unseren Blick auf eine weniger rosige Zukunft. In seiner jetzigen Form besitzt Deutschland keine tragfähige Steuerstruktur, die gerecht ist und gleichzeitig einen Beitrag zu mehr Umweltschutz leistet. Die Regierung sollte das besteuern, was die Umwelt belastet und nicht Arbeitsplätze verteuern - die Richtschnur für Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher muss folgende sein: Wer sich umweltfreundlich verhält, profitiert. Dies gelingt nur mit echten Preisen für Umwelt- und Ressourcenverbrauch.

Mit dem Dogma, an keiner Stelle Steuern zu erhöhen, hat die Bundesregierung ihren politischen Gestaltungsanspruch aufgegeben. Dabei geht es gar nicht um höhere, sondern um vernünftigere Steuereinnahmen. Die bestehende Staatsquote erlaubt es doch, einzelne Steuern zu erhöhen, während andere abgesenkt werden. Stattdessen sorgt die Inflation dafür, dass Umweltverschmutzung immer geringer besteuert wird und der Wert der Steuereinnahmen aus diesem Bereich seit der letzten Ökosteuer-Stufe 2003 real über 65 Milliarden Euro abgenommen hat. Dieses Geld fehlt für die Energiewende, für die Ressourceneffizienz, den Klimaschutz und für die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge.

Im Bundestagswahlkampf sollten sich alle Parteien diesen Zukunftsfragen widmen. Spätestens die kommende Bundesregierung muss solche grundsätzlichen steuerpolitischen Reformen angehen. Sonst wird sie auch das Versprechen von Paris nur schwer halten können."

Weitere Informationen:FÖS (2016): Die Finanzierung Deutschlands über Steuern auf Arbeit, Kapital und Umweltverschmutzung, www.foes.de/pdf/2016-07-Hintergrundpapier-Steuerstruktur.pdf

Quellen:

www.zeit.de/wirtschaft/2016-11/steuerschaetzung-2017-steuern-steuereinnahmen-wolfgang-schaeuble

www.handelsblatt.com/politik/deutschland/steuerschaetzung-schaeuble-haelt-die-schwarze-null-zumindest-2016-und-2017/14796486.html